Brief des Vorstandes

Brief des Vorstandes

Sehr geehrte Damen und Herren,
geschätzte Aktionärinnen und Aktionäre!

Die voestalpine war im Geschäftsjahr 2024/25 mit anspruchsvollen gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen konfrontiert. Unsere Antwort auf die herausfordernde wirtschaftliche Lage vor allem in Europa war der Fokus auf die Generierung von Free Cash Flow, die Sicherstellung einer stabil niedrigen Verschuldung sowie der Start notwendiger Reorganisierungsmaßnahmen in einigen Geschäftsbereichen. Gleichzeitig wurden Wachstumsprojekte weitergeführt. Auch unsere Investition in greentec steel verläuft plangemäß. Die breite Aufstellung nach Branchen und Regionen stabilisierte das Konzernergebnis und bestätigte einmal mehr die Robustheit unserer Konzernstrategie.

Gerade in derart volatilen Zeiten zählen Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Als voestalpine konnten wir im Berichtszeitraum beides erneut unter Beweis stellen und schnell und entschlossen handeln, wenn zum Beispiel strukturelle Anpassungen notwendig waren. Dazu gehörten die Reorganisation der deutschen Automotive Components-Standorte – ein wichtiger Schritt, um weiterhin ein strategischer und starker Partner für die ansässigen Automobilhersteller zu bleiben. Auch der Verkauf des Geschäftsbetriebs von Buderus Edelstahl und die damit einhergehende Optimierung des Produktportfolios der High Performance Metals Division bedeutet eine nachhaltige Stärkung der Position im globalen Wettbewerb. Die sich verändernden Rahmenbedingungen in Europa machten weiters die Reorganisation von Vertriebs- und Fertigungsgesellschaften der High Performance Metals Division notwendig. Die erwähnten Maßnahmen haben im Geschäftsjahr in Summe zu außerordentlichen negativen Effekten in Höhe von rund 265 Mio. EUR auf das operative Ergebnis (EBIT) geführt.

Internationale Wachstumsprojekte erfolgreich umgesetzt

Gleichzeitig konnten wir mehrere internationale Wachstumsprojekte realisieren: Im Bereich Lagersysteme wurde in Kentucky, USA, ein neuer Produktionsstandort für Lagersysteme errichtet. Weiters haben wir im Geschäftsjahr 2024/25 neue langfristige Verträge mit zwei global tätigen Lkw-Herstellern für den nordamerikanischen Markt abgeschlossen. Dafür investieren wir in Produktionskapazitäten an unserem bestehenden Standort in Indiana,USA. Positive Neuigkeiten gibt es auch von einem Prestige-Projekt im Bahninfrastrukturbereich – die ersten der insgesamt rund 260 Hochgeschwindigkeitsweichen für die Errichtung der ersten ägyptischen Hochgeschwindigkeitstrecke („Green Line“) haben das neue Werk in Kairo bereits verlassen.

Ein weiterer Baustein unsere Strategie in herausfordernden Zeiten bleiben Zukäufe – so sind wir etwa mit der Übernahme des Mehrheitsanteils an ITALFIL S.p.A unserem strategischen Ziel, unseren Kund:innen im Bereich der Schweißtechnik Gesamtlösungen anbieten zu können, einen wichtigen Schritt nähergekommen. In den USA konnten wir im Rahmen eines Asset Deals unsere Produktionskapazitäten zur Fertigung von Weichen und Gleiskomponenten weiter ausbauen.

Mit unserer „Local for local“-Strategie sind wir auch mit Blick auf die Handelskonflikte, mit denen wir im Geschäftsjahr 2024/25 zunehmend konfrontiert waren, gut aufgestellt. Die Wahlen in den USA markierten hier einen Wendepunkt und einen Start in eine neue Realität. Grundsätzlich sind die USA für die voestalpine ein wichtiger Markt, unsere hochqualitativen Produkte sind hier sehr gefragt. Wir können überwiegend Produktqualitäten anbieten, die es sonst in den USA nicht gibt. In den vergangenen Jahren haben wir die lokale Wertschöpfung an unseren 49 US-amerikanischen Standorten mit rund 3.000 Mitarbeitenden kontinuierlich in der Weiterverarbeitung ausgebaut. Mehr als die Hälfte des US-Umsatzes wird bereits vor Ort produziert. Diese Strategie werden wir in Zukunft konsequent weiterverfolgen.

Nichtsdestotrotz beurteilen wir eine Eskalation der Handelskonflikte sehr kritisch. Wir hatten in Europa genügend Zeit, um uns auf das erwartete Szenario einzustellen und müssen mit einem Binnenmarkt von 450 Mio. Menschen entschieden dagegenhalten. Dafür ist es dringend notwendig, den Standort Europa zu stärken und die internationale Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen.

Den Worten müssen Taten folgen

Als global tätiger Konzern mit einer Exportquote von 90 % haben wir nicht nur mit zunehmenden Handelshemmnissen, sondern insbesondere in Mitteleuropa auch mit hohen Arbeits- und Energiekosten, dem weltweit strengsten CO2-Regime und einem enormen Bürokratieaufwand zu kämpfen. Aus unserer Sicht muss die Kluft zwischen Klimaschutz und industrieller Wettbewerbsfähigkeit endlich geschlossen werden.

Der am Ende des Berichtzeitraums präsentierte Stahlaktionsplan („Steel and Metals Action Plan“) der Europäischen Kommission ist ein erster wichtiger Schritt, um die Stahlindustrie in Europa wieder wettbewerbsfähiger zu machen, und aus unserer Sicht somit positiv zu bewerten. Wir sehen viele hilfreiche Ansatzpunkte, die jedoch vorerst nur in Überschriften und nicht in konkrete Maßnahmen münden. Ein grundsätzlicher Wandel in der Energie-, Klima- und Industriepolitik ist noch nicht erkennbar. Für uns sind, wie auch beim Clean Industrial Deal, Konkretisierung und Umsetzung der angekündigten Maßnahmen entscheidend.

Nachhaltigkeit als zentraler Bestandteil der voestalpine-Konzernstrategie

Nachhaltigkeit ist fest in unserer Unternehmensstrategie verankert und wir setzen seit vielen Jahren zahlreiche konkrete Maßnahmen in diesem Bereich. Daher freuen wir uns, im ersten integrierten Geschäftsbericht der voestalpine transparent unsere finanziellen und nichtfinanziellen Informationen unter Anwendung der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) aus der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) zu präsentieren. Diese neuen Standards sind eine Gelegenheit, unsere Bemühungen im Bereich Nachhaltigkeit noch sichtbarer und nachvollziehbarer zu machen.

Die voestalpine gilt seit vielen Jahren als Umweltbenchmark in der Branche und hat mit greentec steel einen klaren Plan zur Transformation ihrer Stahlproduktion. Die Arbeiten an den beiden Mega-Baustellen in Linz und Donawitz sind im Zeitplan und im Geschäftsjahr 2024/25 auch kostenseitig planmäßig vorangeschritten. Ab 2027 werden wir je einen grünstrombetriebenen Elektrolichtbogenofen in Betrieb nehmen. Bis 2029 können dadurch bis zu 30 % der CO2-Emissionen gegenüber 2019 eingespart werden. Das entspricht fast 5 % der jährlichen CO2-Emissionen Österreichs. Damit ist greentec steel das größte Klimaschutzprogramm in Österreich. Die Investitionskosten betragen 1,5 Mrd. EUR.

voestalpine übernimmt Vorreiterrolle beim Klimaschutz

Die voestalpine hat die Transformationspläne vorsorglich modular aufgebaut. Das Ziel bleibt klar: Wir streben langfristig bis 2050 eine Stahlproduktion mit Net-Zero-CO2-Emissionen an. Um dieses Ziel erreichen zu können, forschen wir bereits an mehreren neuen Verfahren und investieren in Pilot- und Demonstrationsprojekte, die neue Wege in der Stahlerzeugung aufzeigen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr haben wir den Grundstein für ein weiteres völlig neuartiges Forschungsprojekt gelegt. Wir werden ab Herbst 2025 am Standort Linz die weltweit erste Demonstrationsanlage errichten, die eine wasserstoffbasierte Direktreduktionsanlage für ultrafeine Eisenerze mit einem elektrischen Schmelzprozess verbinden kann. Die Inbetriebnahme ist für Juni 2027 geplant; die Gesamtkosten für dieses europäische Leuchtturmprojekt belaufen sich auf mehr als 170 Mio. EUR. Die neue Anlage ist damit nicht nur das historisch größte F&E-Projekt der voestalpine, sondern außerdem das größte Forschungsprojekt für den Klimaschutz in Österreich.

Auch am Kapitalmarkt haben wir im Geschäftsjahr 2024/25 mit der Platzierung einer grünen Anleihe als erstes europäisches Stahlunternehmen eine Vorreiterrolle übernommen. Die Erlöse aus dieser Emission werden zu 100 Prozent zur Finanzierung nachhaltiger voestalpine-Projekte, wie etwa greentec steel, verwendet.

Gemeinsam viel bewegen

Nachhaltiges Wirtschaften beginnt für uns bei der Verantwortung für Umwelt und Klima – doch es entfaltet seine volle Wirkung erst durch eine integre Unternehmensführung und durch die Menschen, die es täglich mit Leben füllen. Im Sinne der CSRD und der ESRS richten wir daher unser Augenmerk nicht nur auf ökologische, sondern ebenso auf soziale Aspekte – insbesondere auf unsere Mitarbeiter:innen, deren Engagement, Innovationskraft und Vielfalt den langfristigen Erfolg der voestalpine sichern. Seit 2013 unterstützt die voestalpine den UN Global Compact (UNGC), der in seinen zehn Prinzipien grundlegende Pflichten in den Bereichen Menschenrechte, Arbeit, Umwelt und Korruptionsbekämpfung vorsieht.

Unsere Mitarbeiter:innen bewegen nicht nur in der täglichen Arbeit viel, sondern auch in ihrer Freizeit. Das zeigt beispielsweise der voestalpine cares run eindrücklich. Zwischen März und Mai 2024 sammelten die Mitarbeiter:innen bereits zum zweiten Mal beim gemeinsamen Laufen, Walken, Wandern, Rollstuhlfahren oder Handbiken „Spendenkilometer“. Insgesamt konnten wir so im vergangenen Geschäftsjahr 700.000 EUR an Ärzte ohne Grenzen, das Österreichische Rote Kreuz, das Hilfswerk International und an UNICEF für ausgewählte karitative Hilfsprojekte übergeben.

Gemeinsam viel bewegen – das war auch unser Antrieb im sehr volatilen Umfeld des vergangenen Geschäftsjahres. Die Märkte waren herausfordernd, die Rahmenbedingungen komplex. Umso wichtiger ist es, Chancen frühzeitig zu erkennen und entschlossen zu nutzen. Genau das ist uns gemeinsam gelungen – durch klare Prioritäten, konsequente Umsetzung und Fokus auf unsere Stärken. Unser Dank gilt an dieser Stelle allen Mitarbeiter:innen für ihr Engagement und unseren Kund:innen, Investor:innen, Lieferant:innen und Kooperationspartner:innen für ihr Vertrauen in die voestalpine.

Linz, am 26. Mai 2025

Der Vorstand

Herbert Eibensteiner e. h.

Reinhard Nöbauer e. h.

Franz Kainersdorfer e. h.

Carola Richter e. h.

Gerald Mayer e. h.

Hubert Zajicek e. h.

EBIT (Earnings before Interest, Taxes)
Der Betriebserfolg: Ergebnis vor Steuern, Anteilen nicht beherrschender Gesellschafter und Finanzergebnis.

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