Europa
Trotz des aufkeimenden Optimismus war die europäische Wirtschaft 2013 letztlich von einer stagnierenden Entwicklung des Bruttosozialprodukts geprägt. Die Investitionstätigkeit blieb im Jahresvergleich ebenso rückläufig wie die Industrieproduktion (–0,5 %), erst seit Beginn des Jahres 2014 ist in diesem Bereich ein leicht ansteigender Trend erkennbar.
Der Schlüssel zum Verlassen der Rezession lag einmal mehr bei den Exporten. Hier war es vor allem das für die voestalpine wichtigste Segment, die Automobilindustrie, die – allen voran im Premiumbereich – sich das gesamte Geschäftsjahr 2013/14 ungebrochen stark entwickelte. Mit der Rückkehr auch des „Volumensegments“ auf den Wachstumspfad im Verlauf der 2. Jahreshälfte zeigte die Automobilindustrie seit Längerem wieder ansatzweise alte Stärke.
Obwohl die Vorlaufindikatoren für den privaten Konsum (EU consumer confidence) im abgelaufenen Geschäftsjahr Zuwächse erwarten ließen, blieb eine stärkere Belebung der Nachfrage aus. Die europäische Bauindustrie zeigte auch 2013/14 weiterhin keine nennenswerten Belebungstendenzen.
Bei Betrachtung der Entwicklung des Europäischen Wirtschaftsraumes im Detail wurde im Geschäftsjahr 2013/14 erkennbar, dass die extremen Unterschiede in der Wirtschaftsentwicklung zwischen dem Zentralraum und der Peripherie im Abnehmen begriffen sind. Maßgeblich dafür ist eine langsam einsetzende Erholung in den peripheren – vor allen südeuropäischen – Staaten, in denen die teils schmerzvollen Reformen langsam in verbesserte Wettbewerbsfähigkeit übersetzt werden und entsprechend positive Wirkung zu zeigen beginnen.
Nordamerika
Die wirtschaftliche Stimmung in Nordamerika begann sich bereits am Anfang des Geschäftsjahres 2013/14 aufzuhellen, allerdings dauerte es einige Monate, bis sich das besser werdende Sentiment auch in eine steigende Nachfrage übersetzte. Im Herbst 2013 kam es jedoch aufgrund massiver politischer Konflikte im Zusammenhang mit der Finanzierung des Budgets in den USA zum „Government Shutdown“, der vorerst neuerlich Verunsicherung und Volatilität in die Märkte zurückbrachte. Durch die letztlich erfolgreiche politische Einigung auf ein Bundesbudget für die nächsten beiden Jahre wurden jedoch die Bedenken über weitere negative Implikationen relativ rasch ausgeräumt. In weiterer Folge stabilisierte sich der Aufwärtstrend, sodass die US-Notenbank bereits eine Rücknahme des staatlichen Anleihenankaufsprogramms („Tapering“) – als Notmaßnahme im Zuge der Finanzkrise implementiert – in Aussicht stellte. Eine Maßnahme, die die Stabilität, welche der Wirtschaftsaufschwung in Nordamerika mittlerweile gewonnen hat, unterstreicht. Etwas gedämpft wurde der positive Verlauf durch den extrem strengen Winter, der den Anstieg des BIP im 1. Kalenderquartal 2014 (= 4. Geschäftsquartal 2013/14 der voestalpine AG) auf 2,6 % sinken ließ. Sämtliche Makrofrühindikatoren weisen aber für den weiteren Jahresverlauf positive Tendenzen aus. So stieg unter anderem der Wert des Konsumentenvertrauens (US consumer confidence) im März 2014 auf ein neues 6-Jahres-Hoch.
Für die voestalpine bedeutet diese erfreuliche US-Entwicklung positive Impulse für mehrere am nordamerikanischen Kontinent vertretene Konzernsparten wie etwa die Eisenbahninfrastruktur – und dort vor allem der Bereich der Weichentechnologie. Aber auch das Energiesegment und damit Nahtlosrohre und Schweißzusatzwerkstoffe zeigen in Nordamerika eine solide Nachfrage.
War der amerikanische Automobilmarkt bislang nur mittelbar via Exporten der europäischen Autoproduzenten ein Thema für den voestalpine-Konzern, so entstand mit der Eröffnung eines Autoteile-Zulieferwerks in Cartersville, Georgia (USA) im Frühling 2014 auch ein direkterer Link zum US-Automobilmarkt – wenn auch vorerst vor allem zu deutschen Automobilherstellern bzw. ihren Werken in dieser Region.
Die US-Luftfahrtindustrie konnte die exzellente Entwicklung der letzten Jahre trotz aller Schwierigkeiten im Dreamliner-Projekt von Boeing auch im abgelaufenen Geschäftsjahr weiter fortschreiben.
Stabil auf zufriedenstellendem Niveau entwickelte sich die Nachfrage im Bereich Werkzeugstahl in den Vereinigten Staaten, während die kanadischen Märkte keine nennenswerten positiven Impulse setzen konnten.
Brasilien/Südamerika
Zu überdurchschnittlichem Wachstum, das Emerging Markets üblicherweise auszeichnet, ist Brasilien auch im abgelaufenen Geschäftsjahr nicht zurückgekehrt, obwohl sich das BIP-Wachstum 2013 nach sehr enttäuschenden 0,9 % vom Vorjahr auf etwas über 2 % erhöht hat. Die Industrie konnte 2013 nur einen marginalen Zuwachs von 1,2 % darstellen, während der Servicebereich mit ca. 2 % doch stärker gewachsen ist. Am stärksten entwickelte sich der landwirtschaftliche Sektor mit einem Plus von über 8 %, eine Entwicklung, die den Spezialprofilen der Metal Forming Division zugute kam, wenngleich die anderen wesentlichen Absatzmärkte schwach blieben. So blieb etwa im Bereich der Sonderwerkstoffe für die Öl- und Gasindustrie sowie bei Spezialstählen für die Konsumgüterindustrie die Nachfrage über das gesamte letzte Geschäftsjahr auf bescheidenem Niveau.
Die strukturellen Defizite, ausgelöst von Schwachstellen in der Infrastruktur, steigenden Stückkosten und wachsender Bürokratie, schlagen sich negativ auf die Produktivität und damit die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Landes nieder. Ein Umstand, der selbst durch eine Abwertung des brasilianischen Real zum US-Dollar um 16 % im Kalenderjahr 2013 nicht aufgefangen werden konnte, weshalb für die weitere Entwicklung dieses größten Wirtschaftsraumes am südamerikanischen Kontinent eine Rückkehr zur Exportnation zumindest mittelfristig nicht in Sicht ist. Einziger Träger einer Mindestkonjunktur bleibt damit der Binnenmarkt, für den die voestalpine sehr gut aufgestellt ist.
China
Seinen Wachstumskurs verteidigen und 2013 einen BIP-Zuwachs von 7,7 % zu erreichen, war Ziel des Landes. Dass dieser für europäische Maßstäbe immer noch hohe Wert dennoch kritisch gesehen wird, lag in der unterjährigen Entwicklung. Ausgelöst von der Ansage der neuen Regierung, „überinvestierte“ bzw. überhitzte Sektoren – wie beispielsweise die Bauindustrie – zu bremsen, kam es in der 1. Hälfte des Geschäftsjahres 2013/14 zu einer merklichen Abkühlung der ökonomischen Entwicklung. Erst nachdem im Sommer 2013 die politischen Zügel ohne großes Aufsehen wieder etwas gelockert wurden, folgte eine positive Trendwende, gegen Ende des Geschäftsjahres führte die Freigabe größerer Infrastrukturprojekte noch zu zusätzlicher Dynamik. Darin beinhaltet sind Investitionen in die Eisenbahninfrastruktur sowohl im urbanen Bereich als auch bei längeren Überlandstrecken, wovon insbesondere der Bereich der Weichensysteme in der Metal Engineering Division profitierte und weiterhin profitiert. Aber auch der private Konsum, insbesondere die Nachfrage nach Autos, stieg im letzten Geschäftsjahr in China sprunghaft an. Eine Entwicklung, die sowohl die europäischen Exporte als auch zunehmend die im Land gefertigten Fahrzeuge europäischer Hersteller betrifft. Vor diesem Hintergrund errichtet die Metal Forming Division zurzeit zwei weitere neue Werke für Autoteile und Spezialprofile in Qinhuangdao und Suzhou.
Maßgeblich für die insgesamt sehr positive Entwicklung des Konzerns in China ist eine rasch breiter werdende Mittelschicht, die durch ihr Konsumverhalten die Nachfrage nach Automobilen, aber etwa auch nach Spezialstählen der Special Steel Division ankurbelt. Für diesen Bereich des voestalpine-Konzerns war der asiatische Raum im globalen Vergleich der erfolgreichste Markt im abgelaufenen Geschäftsjahr. Die Erweiterung der Aktivitäten durch den Erwerb von Rieckermann Steeltech Ltd. (Shanghai) und P.M. Technology Ltd. (Shenzhen) sowie der Ausbau des Serviceangebotes durch Greenfield-Investitionen tragen der langfristig positiven Einschätzung der ökonomischen Entwicklung des chinesischen Wirtschaftsraumes Rechnung. Da aber einige grundlegende Probleme – wie etwa eine seit Längerem diskutierte spekulative Blase im Immobilienbereich einschließlich daraus abgeleiteter Unsicherheiten im chinesischen Banken- und Finanzwesen oder die teils desaströse Umweltverschmutzung – bisher ungelöst blieben, sollte auch in Zukunft realistischerweise trotz des enormen Potenzials des Landes nicht mit einem unterbrechungsfreien Aufwärtstrend gerechnet werden.